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#Hollywoodland – Elna meets Scott Wallace JR
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Es ist Ende Februar – Oscarzeit- und ich fliege nach Los Angeles. Man kann sagen ich bin freudig erregt darüber. Stadt der Engel, Hollywood, Dreamfactory – diese Dinge gehen mir während des elfstündigen Fluges durch den Kopf. Ob das wirklich so ist? Wie sind die Menschen die dort wohnen? Haben die alle etwas mit Film und Fernsehen zu tun? Trifft man nun an jeder Ecke Sharon Stone und Co.?
Ich komme gegen 17:00 Ortszeit an. Es stimmt tatsächlich – man fliegt ziemlich lange über die Stadt die von oben nichts engelhaftes hat. Es sieht alles gleich aus, jedenfalls was man unter dem grauen Schleier erkennt. Als ich mein Gepäck habe und endlich aus dem Flughafengebäude heraus komme, ist es schon dunkel. Viel sehen werde ich heute nicht mehr. Der Jetlag tut sein übriges und ich falle in einen tiefen Schlaf.
Am anderen Morgen bin ich mit Scott Wallace JR verabredet, einem Schauspieler. Er ist das was man einen klassisch ausgebildeten Actor nennt. Wir haben vorher hin und her gemailt und er hat mir seine Biographie geschickt die sich gut liest. Studiert hat er an der Universität New York und am Lee Strasberg Theater. Ich lese weiter, dass seine Wurzeln eigentlich im Comedy Bereich liegen und er in bis zu zwölf Liveshows wöchentlich performte mit Namen wie David Chappelle, Louie C.K. und Bill Burr – um nur einige zu nennen.
Natürlich habe ich mir seine Website angesehen. Ein schöner Mann, gut gebaut und mit über eins neunzig wirklich groß für diesen Beruf, blonde Haare und mit blauen Augen in denen man sich verlieren kann. Ich weiß gar nicht was genau es ist, aber ich bin irgendwie fasziniert als ich mir auf Youtube seine Schauspielproben ansehe.
Er hat angeboten, mich direkt von meinem Hotel abzuholen und mir ein bisschen die Stadt zu zeigen. Ich wundere mich denn so eine menschliche Geste habe ich hier gar nicht erwartet, sage aber gerne zu.
Eigentlich sollte jetzt hier ein Interview abgedruckt sein. Mit einem Schauspieler aus Hollywood über das Leben hinter den Kulissen der weltbekannten Dreamfactory aber schon nach der Begrüßung weiß ich, dass ein schnöder Frage-Antwort-Text dem Geist dieser Begegnung nicht gerecht werden würde.
Vor mir steht ein Star!
Ich spüre diese außergewöhnliche Aura sofort. Wir fahren in ein veganes Restaurant und kommen gleich in ein sehr lustiges Gespräch voller Herz und Leben.
Er erzählt von seinem letzten Projekt, dem Film „The King of the List“ – er spielt an der Seite von Ron Barba einen talentierten Jung-Schauspieler in New York. Barba einen schmierigen Talentscout der nur durch Manipulation zum Erfolg kommt. Sie werden erbitterte Erzfeinde im Kampf um Macht und Geld.
Wenn man so zuhört, dann merkt man wie sehr Scott Wallace JR in seinem Element ist. Kein anderer Beruf würde hier wohl passen! Dynamisch und sehr, sehr lustig erzählt er mir von seiner Familie und vom Show-Off Leben in „Hollywoodland“ wie er seine Stadt nennt, und davon dass er manchmal wenn die Rollen knapp sind noch als Personal Trainer arbeitet.
Ich lache mich schier schlapp als er mitten in der Erzählung Kermit den Frosch nachmacht und auch darüber, dass er so tut als würde ihm seine rein vegane „Mexican Bowl“ schmecken. „Hin und Wieder ein Steak ist schon toll“ gesteht er.
Aber man MUSS in Form bleiben in dieser Stadt. „Es ist ein bisschen wie das Spiel die Reise nach Jersalem – fünf Stühle, aber 500 Leute die drauf wollen“ sagt er. Aber was ist das Geheimnis? Wie hebt man sich da überhaupt ab?
Auf diese Fragen entsteht eine Gesprächspause. Dann sagt er etwas was mir für die Welt in der er lebt fast unwirklich erscheint: “With a golden heart and inner beauty!“ Ich frage wie er das genau meint und er sagt, dass man darauf achten muss, dass einem niemand sein Herz mit Dreck beschmiert. Es ist eine Lebensentscheidung.
Die Zeit ist wie im Fluge vergangen und eigentlich muss ich zu meinem nächsten Termin, aber er besteht darauf mir noch das berühmte Hollywood Zeichen zu zeigen.
Also cruisen wir los in Richtung Hollywood Hills. Er hat natürlich – typisch All American Sunnyboy – einen Cabrio und die Fahrt ist einfach wunderschön. So warm und sonnig. Ich sauge alle Eindrücke auf und bemerke, dass ich mich gerade ein bisschen in die Stadt verliebe!
Oben angekommen kann ich es wunderbar sehen – DAS Wahrzeichen von dieser magischen Stadt. Scott zeigt mir einen geheimen Platz an dem keine Touristen sind. Es ist ein kleiner Hundepark direkt unterhalb des Schriftzuges. Hier sind wir bis auf ein paar herumtollende Vierbeiner und deren Besitzer ganz allein. Ich kann die typischen Touristenbilder machen und bin absolut happy.
Als wir dann weiterfahren wollen, macht das Auto Zicken und will nicht mehr anspringen. Welch ein Klischee denke ich schmunzelnd oder spielt er nur?!
Sozusagen als kleine Comedy Einlage, merke aber schnell, dass „Lucy“, so heißt sein Auto, es ernst meint und auf eine Pause besteht was Mr. Wallace merklich peinlich ist. Nun ja, wie sagt man so schön – Shit happens. Ich verschiebe meinen Termin.
Also setzen wir uns unter einen Baum und ich mache weiter mit meinen Fragen. Ich möchte wissen, was ihn eigentlich dazu bewogen hat Schauspieler zu werden. Auf diese eigentlich sehr oberflächliche Frage folgt eine Reaktion die sehr merkwürdig ist. Scott wird sehr ernst. Ich merke sofort wie er um Fassung kämpft. Ich bin zunächst irritiert, bleibe aber ruhig und warte bis er anfängt zu erzählen.
Es passierte zu Collegezeiten. Also etwa vor zehn Jahren. Mitten im Winter. Sein damaliger bester Freund und Begleiter seit Geburt war mit Freunden zu einem Jagdausflug nach Virginia aufgebrochen. Er brach ein in einen zugefrorenen Fluss. Alle Mühen waren vergeblich. Man konnte ihn nicht mehr retten.
Die Nachricht vom Tod des besten Freundes brach Scott Wallace JR nicht nur das Herz, es brach auch –zunächst jedenfalls- den Glauben an Gott, an sich selbst und an den Sinn des Lebens. Die Zeit danach, ein einziger schwarzer Tunnel. Keiner kommt mehr an ihn ran. Sein Herz versteinert.
Scott Wallace JR sitzt mit mir unter diesem Baum in einem Hundepark in den Hollywood Hills und weint. Er weint sosehr, dass uns die Leute die mit ihren Hunden spielen anstarren. Wir kennen uns ja eigentlich gar nicht. Es ist ein Interview-Termin. Aber ich muss ihn in den Arm nehmen und beruhigen. Die Geschichte berührt auch mich sehr. Der unsinnige Verlust eines geliebten Menschen muss schrecklich sein.
Als er wieder sprechen kann, sagt er dass er aus heutiger Sicht dankbar für diese tiefe dunkle Reise in sein Ich ist. Schauspiel Talent hatte er immer. Jeder hat ihm geraten diesen Weg zu gehen, aber erst der Tod seines Freundes hat ihm die Kraft gegeben in dieser Welt auch zu bestehen. Herauszustechen aus vielen schillernden Gestalten. Den Leuten anhand seines Spiels Freude zu schenken – mit ganzer Herzenskraft.
Eines Tages wird er hinfahren, zu der Stelle am Fluss in Virginia. Dann wird er Abschied nehmen und endlich Frieden mit der Situation spüren.
Wahrscheinlich mit der Liebe seines Lebens – wenn er sie gefunden hat. Sagt er und seine blauen Augen lachen auch schon wieder.
Die zu heiß gelaufene Lucy hat sich zwischenzeitlich wieder erholt und wir können zurück in die Stadt fahren. Ich muss noch lange über diese Begegnung nachdenken und darüber dass es im Leben immer anders kommt als man denkt. Es war das bisher tiefste und überraschendste Interview meines Lebens und ich würde mich nicht wundern wenn ich Scott Wallace JR bald wieder sehe – auf dem Werbeplakat eines internationalen Block Busters!
Elna-Margret zu Bentheim